Erntedankfeste – was ist mir aus Christlicher Sicht daran von Bedeutung

Weils gerade Erntedankfest-Gedanken bei Bekannten von mir gibt (sie feiern am 5.10. ein Erntedankritual mit Selbstgeerntetem) ein kurzes Gedankenspiel, was ich nach der Christlichen Überlieferung über Erntedankfeste weiß – und wass ich für ein Christlich-Spirituelles Erntedankfest selber sinnstiftend fände. Meine geschätzte Pastorin findet darin sicher einen Batzen gedanklicher Kunstgriffe und Fehleinschätzungen, ich rechne bald mit einem Update dieses Blogposts…

Nach den Überlieferungen aus der Christlichen Bibel besteht kein besonderer Bedarf an Erntedankfesten. Das wirklich populäre und wichtige Fest, dass in der Bibel beschrieben wird, ist Pessach – bei diesem geht’s jedoch nicht um Erntedank. Es gibt zwar Erntedank-Ähnliche Feste (Jubeljahr, …) aber diese scheinen nicht so prominent wie Pessach. Die Ernte in der Bibel muss nicht extra gefeiert werden, sie scheint eher eine Selbstverständlichkeit zu sein: Gott schuf die Erde fruchtbar, um Ernte zu bringen. Wie es eben in der Bergpredigt heißt: (Mat 6,28) “Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden? Nach solchem allem trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr des alles bedürfet. Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen” – also: “hey, eure Saat wird schon wachsen und ihr werdet Ernten und Essen, sagt kurz Danke, und dann kümmert euch um das Reich Gottes, was immer das auch sei”.

Ich finde zwei Punkte die für ein postmodernes (christliches) Erntedankritual interessant wären: die Ernte an menschlichem Wachstum und das Teilen unserer “Brotberufs-ernte”.

Erstens: Menschliches Wachstum Erntedanken
Gottes “Ernte” in der Bibel sind die Entwicklungen zum positiven, die Menschen durchmachen. Wenn ein Gedanke von “Saat und Ernte” durch die Bibel gewoben ist, dann vor allem der, dass im zwischenmenschlichem Umgang und in der persönlichen Entwicklung ständig gesät und geerntet wird. Dies sieht man im Alten Testament an den Entwicklungen der Propheten und der anderer handelnden Personen, die (im positiven und negativen) die Früchte ihrer Saat bekommen und darüber berichten. Gerade im Neuen Testament kommt Ernte ständig in Bezug auf Menschen vor, Menschen “sind die Saat”, “keimen, wachsen, bringen Frucht”, Menschen werden in den Gleichnissen mit “Weizenkorn” und “Weinrebe” verglichen. Das persönliche und gemeinschaftliche Wachstum der Menschen liegt immer im Fokus, wobei positive Saat zu positiven Ergebnissen führt und negative Saat zu negativen Ergebnissen. Was ist nun eine “Gute Ernte”, wenn man Menschen betrachtet? Nach Jesus ist das aktive “lieben”, die Tätigkeit des “Liebens” das höchste: (Mat 22,37)
“Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.» Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Warum man den Christlichen Gott lieben sollte ist für Nicht-Christen eine beliebte Streitfrage, was jedem Menschen aber geläufig ist, ist: “Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst”. Da dieses (zweite) Gebot dem ersten (dem mit “Gott lieben”) gleichgestellt ist, ist damit auch klar, dass man Gott nicht “mehr” lieben soll als den Mitmenschen und man sich nicht auf übertriebene Gottesliebe ausreden kann, wenn man sich menschlich wie ein Religions-Fundi aufführt und Mitmenschen auf die Zehen steigt.
Jedenfalls ist für Gott eine gute Ernte, wenn Menschen liebevoll handeln. Das ist aber nicht “Gott-Gegeben” sondern wird durch den freien Willen und die bewußte Entscheidung zum liebevollen Handeln bedingt. Insofern ist eine gute Ernte, wenn man im letzten Jahr sich bewußt entschieden hat, liebevoller zu werden (Saat) und dies auch umgesetzt hat (Ernte). Für diese persönliche Entwicklung – sagt euch selbst danke!!! Dass diese Saat auch daran liegt, dass Mitmenschen (&Gott) ständig “gute Samen” in einen selbst gelegt haben, ist auch ein Grund, anderen (&Gott) dankbar zu sein. Ein Dankbarkeitsritual in diesem Sinne sollte also ausdrücken, dass ich liebevoll lebe und kann mich ruhig selber dafür belohnen, und andere dafür belohnen.

Zweitens: Brot-Berufs-Ernte Teilen
Alles was wir in der realen Welt säen um am Ende was zum Essen im Bauch zu haben, ein Dach überm Kopf, etc… wird in christlichen Kreisen oft als “Brotberuf” bezeichnet. Der Job bringt das Brot. Im alten Testament gibts die Regel, ein Zehntel seines Einkommens an die Priester zu geben, sodass diese einen Teil davon Gott opfern (verbrennen) und einen Teil selber essen, und (soweit ich weiß), einen Teil den Armen geben. Bzw soll man auch selber darüber hinaus den Armen geben. Warum die Priester jetzt gut oder schlecht für eine Gesellschaft sind ist wieder ein Batzen Diskussionsthread, den ich mit “Ich finds gut, wenn meine Pastorin und Theologin Hannelore was zu essen hat, weil sie gute Arbeit macht” für mich gelöst habe. Wenn du also was erntest, teile es mit Gott bzw den Priestern bzw (falls du zu diesen keinen Bezug hast) dann teile zumindest mit deinen spirituellen Lehrern und jedenfalls den Armen. Wenn dir das zu steil ist, ist wohl ein Teilen mit Freunden ein Anfang (in Jesus Augen aber etwas eine Abkürzung, weil “nett zu ihren Freunden ist ja jeder, selbst die Heiden”, während die Jesus-Jünger doch bitte da noch eins drauf legen sollten und sogar ihre Feinde lieben und beschenken sollten). Nach christlicher Überlieferung sollte jedenfalls jeder Mensch soviel haben, dass er es mit anderen teilen kann, und selbst wenn er nur einen Brotkrümel und ein Stück Fisch hat, wird dieses durch das Teilen vermehrt. Also in jeder Not oder Glückslage: Teile deine Ernte.

Für ein postmodernes Erntedankfest bedeutet dass für mich: Teile jedenfalls deine Ernte mit anderen. Das ist Gott wichtiger, als wenn du etwas rituell über einem Feuer verbrennst und somit “Gott zurück” gibst.

Nach der Christlichen Überlieferung gehört – im Endeffekt – eh alles Gott, und wir verwalten es nur. Etwas ihm “zurückgeben” bringt insofern Gott nix, sondern kann höchstens ein schlechtes Gewissen erleichtern. Gott legt darauf auch nicht soviel Wert, wie etwa auf die persönliche Entscheidung, Gott selbst zu suchen und Gutes zu tun. Dazu auch der gloriose Anfang von Jesaja 1, wo erstmal Gott sagt: Leute, solange ihr euch gegenseitig auf die Zehen tretet wie in Sodom und Gomorra, und euch nicht liebevoll verhaltet, sind mir eure Brandopfer wirklich wurscht. In Gottes Augen ist jedenfalls eine Gute Tat am nächsten und eine Spende für die Armen ein weit besserer Einsatz einer Ernte als ein Brandopfer.

Jetzt weiß ich immer noch nicht, was ein postmodernes christliches Erntedankfest ist, aber who knows, vielleicht wächst ja was. Gesät ist jedenfalls schon mal was.